Schwindeltherapie
auch vestibuläre Rehabilitationstherapie genannt, ist eine effektive Therapie zur Behandlung von verschiedenen Schwindelformen. Therapeuten die diese spezielle Therapie anbieten, sind speziell fortgebildet und in der Lage die verschiedenen Schwindelformen zu unterscheiden und auch entsprechend zu behandeln. Viele Betroffene werden falsch oder gar nicht behandelt. Daher ist die Behandlung durch einen ausgebildeten Vestibular-Therapeuten extrem wichtig.
Grundsätzlich lassen sich vier Schwindelarten unterscheiden, wobei Mischformen möglich sind.
- Drehschwindel
- Schwankschwindel
- Benommenheitsschwindel
- Funktioneller Schwindel
Wie entsteht Schwindel?
Um zu verstehen wie Schwindel entsteht, muss man sich zunächst klar machen wie wir überhaupt in der Lage sind unser Gleichgewicht im Alltag zu finden. Normalerweise ist das Gleichgewicht halten ein automatisierter Prozess, der jedoch durch verschieden Erkrankungen gestört sein kann. Unser Gleichgewichtsorgan, das Vestibulum, ist ein ca. Wallnussgroßes Organ im Innenohr. Es besteht aus drei Bogengängen, die Rotationsbewegungen und den Makulaorganen (Utriculus und Sacculus) die linearen Beschleunigungen registrieren. Diese Signale werden über den Nervus Vestibulocochlearis an die Gleichgewichtszentren im Gehirn weitergeleitet und mit den übrigen Körperwahrnehmungen, wie der Propriozeption (Gelenk- und Stellungssinn) und der visuellen Wahrnehmung verrechnet. Die Ergebnisse veranlassen unseren Körper unbewusste Anpassungsreaktionen vorzunehmen, um im Gleichgewicht zu bleiben. Kommt es in einem dieser Systeme zu Schwierigkeiten, kann es zu widersprüchlichen Wahrnehmungen kommen, was dann eine Schwindelreaktionen hervorruft.
Ursachen für eine Schwindelproblematik sind vielfältig:
- BPLS (Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel)
- Posttraumatischer Lagerungsschwindel
- Vestibuläre Hypofunktion
- Schleudertraume
- Postkommotionelles Syndrom
- Neuritis Vestibularis
- Akustikusneurinom
- Morbus Menière
- Vestibuläre Migräne
- Psychische Belastungen/Erkrankungen
- Störungen im Kardiovaskulären System
- Metabolische Ursachen wie z.B. Anämie, Vitamin-B12-Mangel etc.
- Medikamenten Nebenwirkungen
- Medikamenten Intoxikation
- Zentrale Ursachen z.B. nach Schlaganfall oder Folge von neurologischen Erkrankungen
- Zervikogen (äußerst selten!)
Wie wird Schwindel in Abhängigkeit der Ursache behandelt?
Bei einem gutartigen Lagerungsschwindel (BPLS) ist die positive Nachricht, dass dieser vergleichsweise einfach zu behandeln ist. Es werden spezielle Befreiungsmanöver eingesetzt. Hierbei ist jedoch wichtig, dass der betroffene Bogengang vom Therapeuten genau erkannt wird und er auch das korrekte Befreiungsmanöver anwendet. Der Vorteil der peniblen Befunderhebung ist der, dass ein BPLS in der Regel nach wenigen Wiederholungen des Befreiungsmanövers verschwunden ist. Rezidive sind jedoch möglich und auch nicht selten zu erwarten. Eine Eigenanwendung vom Patienten sollte vermieden werden, da nur die korrekte Anwendung der Manöver zum Erfolg führen kann.
Liegt eine vestibuläre Hypofunktion vor, die durch verschiedene Erkrankungen ausgelöst werden kann, ist selbstverständlich zunächst die ärztliche Behandlung der Grunderkrankung notwendig. Bereits während der Behandlung sollte jedoch zügig mit einer vestibulären Rehabilitation begonnen werden. Hierbei wird dem Betroffenen ein individuelles Trainingsprogramm erstellt und die jeweiligen Übungen unter fachlicher Anleitung gelehrt. Das Rehabilitationsprogramm kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn dieses konsequent vom Betroffenen auch zu Hause umgesetzt wird. Über mehrere Wochen ist dieses Trainingsprogramm 4-mal täglich für 12-20 Minuten zu absolvieren. Innerhalb der wöchentlichen Therapieeinheiten wird das Programm vom Therapeuten auf Wirksamkeit überprüft und notwendige Anpassung im Therapieplan vorgenommen. Die Gesamtdauer der vestibulären Rehabilitation beträgt zwischen 4-18 Wochen.
Sollten Sie an einer vestibulären Migräne leiden, gelingt eine Milderung der Schwindelsymptomatik nur durch spezielle Gewöhnungsübungen (Habituation), ein Trigger-Management, die Patientenaufklärung über die Erkrankungen sowie eine Änderungen im Lebensstil. Dieses Vorgehen hat sich hier als besonders Wirksam erwiesen.
Bei einem Morbus Menière kann im späteren Verlauf der Erkrankung eine vestibuläre Rehabilitation sinnvoll sein. Eine vollständige Wiederherstellung des Gleichgewichts ist hier selten möglich. Dies gilt natürlich auch für alle anderen traumatischen Ursachen, bei denen das Gleichgewichtsorgan oder der Nervus Vestibulocochlearis irreversible geschädigt wurden. Durch das vestibuläre Therapieprogramm kann jedoch versucht werden die neuronale Plastizität des Gehirns zu nutzen, um die Einschränkungen möglichst stark zu mindern. Unter neuronaler Plastizität versteht man die Fähigkeit des Gehirns sich anzupassen. Areale im Gehirn können Aufgaben übernehmen, die ursprünglich nicht dafür vorgesehen war. In jungen Jahren ist diese Fähigkeit besonders gut und nimmt mit dem Alter ab, bleibt aber stets erhalten.
Das Thema des funktionellen Schwindels ist für viele Patienten ein Reizthema. Er lässt sich jedoch sehr gut von allen anderen Schwindelursachen unterscheiden. Positiv ist, dass auch dieser Schwindel behandelbar ist. Durch Habituationsübungen, erlernen von Entspannungsübungen, einer guten Patientenaufklärung sowie einer Verhaltenstherapie, kann auch diese Schwindelsymptomatik gelöst werden. Der funktionelle Schwindel ist nach aktueller Studienlage die häufigste Form des Schwindels. Das bedeutet aber nicht, dass Betroffene keine Schwindelsymptomatik haben und dies unbehandelt bleiben sollte.
Wie kann ich eine vestibulare Rehabilitationstherapie erhalten?
Eine spezielle vestibuläre Rehabilitation kann jeder speziell fortgebildeter Physio- oder Ergotherapeut anbieten. Die Verordnung kann Ihnen Ihr behandelnder Arzt ausstellen. Die Kosten werden dann von Ihrer Krankenkasse übernommen, vorbehaltlich der gesetzlichen Zuzahlung. Für die Behandlung in der Praxis Krämer, benötigen wir eine Ergotherapieverordnung mit sensomotorisch-perzeptiver Behandlung. Die Anzahl der notwendigen Behandlungen richtet sich nach den individuellen Erfordernissen. Sollten die Therapieziele schneller erreicht werden, als die Verordnungsmenge die der Arzt ausgestellt hat, würde die Behandlung dann trotzdem beendet.